Häufige Irrtümer im Erbrecht Teil 1
Irrtum 1: Ohne Testament erbt der Ehegatte sowieso alles
Wurde kein Testament errichtet, bestimmt das Gesetz, wer Erbe wird. Dies nennt man auch gesetzliche Erbfolge. Sofern Kinder oder Kindeskinder vorhanden sind, erben der überlebende Ehegatte und die Kinder gemeinsam und nicht etwa der überlebende Ehegatte allein. Dies hat zur Folge, dass die Kinder auch mit ins Grundbuch eingetragen werden, falls Immobilien zum Nachlassvermögen des verstorbenen Ehegatten gehören.
Aber auch wenn es keine Kinder oder Kindeskinder gibt, erbt der Ehegatte nicht unbedingt allein. Leben die Eltern des Vorverstorbenen noch oder Geschwister, erben diese einen Teil des Vermögens ihres verstorbenen Kindes bzw. Geschwister.
Tipp: Wer verheiratet ist, sollte immer ein Testament machen. Es genügen wenige Zeilen.

Irrtum 2: Der geschiedene Ehegatte hat keinen Zugriff auf das Erbe
Vom Prinzip her ist das richtig. Aber es gibt in diesem Fall eine Konstellation, bei dem diese Aussage nicht stimmt: Ein Ehepaar hat ein gemeinsames Kind und lässt sich nach einigen Jahren scheiden. Der Vater stirbt und hinterlässt sein komplettes Vermögen dem gemeinsamen Kind. Ein paar Jahre später stirbt auch die Tochter, ohne eigene Nachkommen und ohne Testament. Jetzt erbt die Mutter und kommt so doch noch an das Vermögen ihres längst verstorbenen Ex-Gatten. Ein anderer Fall, der in Praxis häufig vorkommt, sind Patchworkfamilien. Auch sie sollten auf jeden Fall ein Testament machen.

Irrtum 3: Auch Geschwister haben Anspruch auf einen Pflichtteil
Das ist falsch. Der Kreis der Pflichtteilsberechtigten ist beschränkt auf drei Personen. Zu den Pflichtteilsberechtigten zählen die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel und so weiter), seine Eltern und sein Ehepartner. Dies bedeutet, dass bei kinderlosen Ehepaaren, die kein Testament machen, immer noch die Geschwister des Erblassers neben dem Ehepartner und den Eltern miterben können. Das kinderlose Ehepaar kann, wenn sie es wünschen, jeden als Erben einsetzen. Eltern (z.B. wenn sie pflegebedürftig sind), bleiben dann aber pflichtteilsberechtigt.


Irrtum 4: Ein notarielles Testament zählt mehr als ein handschriftliches Testament
Grundsätzlich hat ein eigenhändig verfasstes und unterschriebenes Testament die gleiche Wirksamkeit wie ein notarielles Testament.
So kann auch durch ein handschriftliches Testament z. B. ein notarielles Testament, das vor dem handschriftlichen verfasst wurde, widerrufen werden. Auch der Satz, den man oft in notariellen Testamenten findet, dass sich der Notar von der Testierfähigkeit des Unterzeichnenden überzeugt hat, hat keine verbindliche Wirkung. Siehe dazu den folgenden Irrtum.

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